Dienstag, 14. März 2017

Besuch in der Baumwollspinnerei Quarry Bank Mill

[EDIT: Hm, die Videos scheinen nicht zu funktionieren, das werde ich die Tage reparieren.]

Nicht weit von unserem neuen Wohnort befindet sich eine historische Baumwollspinnerei, Quarry Bank Mill, von der uns mehrere meiner neuen Kollegen vorgeschwärmt hatten und daher auf unserer "To Visit"-Liste stand. Eigentlich wollten wir heute nach Manchester rein und die "big city" besichtigen aber eine entlaufene Rennmaus führte zu Verspätung (und einiges an Aufregung, da die Kleinen noch nicht ganz handzahm sind...). Also beschlossen wir zur Weberei zu laufen (~3.5km pro Weg). Der Weg führt am Fluss Bolin entlang, der auch die das Wasserrad (s.u.) antreibt und so kamen wir zu einem netten Sonntagsspaziergang.

Die Weberei wurde Ende des 18. Jahrhundert gebaut und ist laut Wikipedia eine der am besten erhaltenen Webereien in Großbritannien. Dort wurde auch eine Serie gedreht, sich um das Leben in der "Mühle" dreht, die schaue ich mir bei Gelegenheit an!
Die Maschinen wurde ursprünglich alleine durch Wasserkraft angetrieben aber bereits 1810 wurde eine Dampfmaschine installiert, der Wasserspiegel in manchen Sommern zu niedrig ist. Die Maschinen, die sich derzeit in der Weberei befinden, sind zwar nicht die originalen aber hätten so durchaus in der Weberei stehen können. Sie stammen aus aus verschiedenen Zeiten in den letzen 100 Jahren und demonstrieren die Etappen der Baumwollverarbeiten vom Ballen zum fertigen Stoff.

Zuerst wurde gezeigt, wie Baumwolle in Heimarbeit versponnen und gewoben wurde und mit Sicherheit auch noch wird:

Handkarden (ganz unten rechts) und Spinnräder.
Traditioneller Webstuhl

In den anderen Räumen wurde gezeigt, wie Baumwolle in der Weberei bis heute vorbereitet, gesponnen und verwoben wird:

Erste Etappe: Kardiermaschine.



Und so sieht das Resultat aus.
Als nächstes wird die Baumwolle in mehreren Schritten dünn ausgezogen.

Insgesamt wird die Baumwolle in drei Etappen ausgezogen. Hier ist die finale Etappe vor dem Verspinnen zu sehen:


Als nächstes werden zwei Lagen ausgezogener Baumwollfasern zusammen versponnen. Leider habe ich davon kein Video. Das Schema erklärt den Prozess aber sehr gut. Die Spulen fassen über 2000m Garn, die in drei Stunden versponnen werden.


Im Englischen heißt diese Methode "ring spinning".

Mehrere dieser Fäden werden dann zusammen verzwirnt (in der gleichen Richtung wie sie gesponnen wurden) und dann verwoben. Während auf dem traditionellen Webstuhl zwischen 30cm und 1m pro Stunde verwoben werden können, geht das auf den Industrievarianten deutlich schneller ;)


Die Stoffe werden auch im hauseigenen Laden verkauft. Leider hatte der schon zu wie wir mir der Besichtigung fertig waren. Guter Grund nochmal hinzugehen! Allerdings gab es einen Korb mit Konen voll gesponnener Baumwolle, von der sicher jeder eine mitnehmen konnte. Für mich sieht das eher nach recyclter Baumwolle aus, sie ist etwas gräulich (im Gegensatz zu dem reinweiß der frisch vom Ballen kardierten Baumwolle) und bunt gesprenkelt. Sie scheint sehr lose versponnen zu sein, bevor ich damit was machen kann, werde ich sie so wohl nochmal durchs Spinnrad jagen und eventuell verzwirnen.

Die Kone im Ganzen.
Nahaufnahme.

Bis zu 200 Personen waren in Quarry Bank beschäftigt, die Hälfte davon waren Kinder aus Armen- oder Waisenhäusern, wie in vielen anderen Fabriken. Während die Arbeitsbedingungen mit Sicherheit genauso hart und gefährlich war, wurden die Kinder hier für damalige Verhältnisse gut versorgt: 3 Mahlzeiten am Tag, sie lernten Lesen und Schreiben und wurden ärztlich versorgt (in erster Linie, weil kranke Kinder nicht voll arbeitsfähig wären). 

Barhandlungszimmer im Wohnhaus der Kinder.
Die erwachsenen Arbeiter lebten zum Großteil im nahelegenen Dorf Styal, in dem wohl auch noch einige der Arbeiterhäuser zu sehen sind. Wie so oft, wuchs das Dorf um und aufgrund der Weberei. (Inzwischen befindet sich in dem Dorf eine Frauen-JVA, die u.A. ein Restaurant führen (die Cardiffer JVA hatte auch eins), das einen sehr guten Ruf hat. Wir werden das sicher mal ausprobieren.)

East Cheshire und Manchester haben eine lange Tradition der Textverarbeitung, insbesondere Baumwolle und Seide (das Seidemuseum steht auch schon auf dem Programm ;) ). Ich muss ich mal nach weiteren Webereien erkundigen, wäre ja interessant zu sehen, ob der Prozess von einer zur anderen variiert. Das feuchte Klima eignet sich wohl besonders gut zur Baumwollverarbeitung - das versöhnt mich ja etwas mit dem Regen.

Im Großen und Ganzen war es eine sehr interessanter Nachmittag und es ist schön, so etwas 45min zu Fuß entfernt zu haben. Das war mit Sicherheit nicht unser letzter Besuch in der Weberei.

3 Kommentare:

  1. Sehr interessant, Danke für den Bericht. Die Videos scheinen nur als Bilder eingebunden zu sein, oder gibt es einen Trick, den ich nicht kenne, wie man sie sich ansehen kann?

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    1. Bitte und gerne :)
      Mist, das mit dem Videos ist mir gar nicht aufgefallen! Ich hatte gehofft, das klappt einfach so. Ich werde sie die Tage nochmal einzeln hochladen.

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  2. Schöne Beschreibung, macht Lust auf einen Besuch. Die Serie The Mill lässt sich leider nicht abspielen.
    Ich freue mich schon, das alles im Sommer direkt vor Ort zu sehen.
    Mama

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